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Wehranlagenbetreiberin an der Wiese bei Lörrach muss für die Fische eine Aufstiegstreppe einrichten und eine Mindestwassermenge sicherstellen
Datum: 17.05.2017
Kurzbeschreibung: PM 17.05.2017
Die Betreiberin der Wehranlage Lörrach-Haagen an der Wiese bei Lörrach ist zu Recht vom Landratsamt Lörrach als Wasserrechtsbehörde verpflichtet worden, die gewässerökologische Durchgängigkeit der Wiese durch den Einbau einer auch für Lachse und Meerforellen ausreichenden Fischaufstiegstreppe sowie eines Fischabstiegs herzustellen, eine Mindestwassermenge in das Mutterbett der Wiese abzugeben und diese Menge durch eine Messeinrichtung jeweils zu ermitteln und aufzuzeichnen. Das hat das Verwaltungsgericht mit einem den Beteiligten vor kurzem zugestellten Urteil entschieden (Urteil vom 05.04.2017 - 4 K 630/16 - ).
Durch das ca. 7 m hohe und 50 m breite Wehr staut die Betreiberin aufgrund eines alten, noch vom Ende des 19. Jahrhunderts stammenden Wasserrechts die Wiese auf und leitet das Wasser über einen Kanal durch die beiden Wasserkraftwerke Haagen und Rötteln. Der verbleibende wasserarme Teil des Mutterbetts der Wiese, die sogenannte Ausleitungsstrecke, hat vom Wehr bis zu der Stelle, an der der Kanal nach den Kraftwerken wieder einmündet, eine Länge von ca. 2 km. Die Wiese ist nach dem aufgrund der EU-Wasserrahmenrichtlinie aufgestellten wasserrechtlichen Bewirtschaftungsplan Teil der „Programmstrecke Durchgängigkeit, Wasserkraft, Gewässerstruktur“ und zudem als Programmgewässer für die Wiederansiedlung des Atlantischen Lachses ausgewiesen. Um die durchgängige Durchwanderbarkeit der Wiese für die gewässertypischen Fischarten Äsche, Nase, Bachforelle, aber auch für den Atlantischen Lachs wiederherzustellen, für den sie ein potentielles Laichgewässer darstellt, und um daneben auch einen Lebensraum für diese Fische zu sichern und eine Wiederansiedlung des Lachses zu ermöglichen, hatte das Landratsamt (mit Bescheid vom 04.12.2012 in seiner durch den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 15.02.2016 geänderten Fassung) zur Herstellung eines guten ökologischen Potentials der Wiese die Herstellung einer Fischtreppe, sowie die Sicherstellung einer Mindestwassertiefe von 20 cm und einer Mindestwassermenge im Mutterbett der Wiese von 1.550 Liter pro Sekunde und deren Messung und Aufzeichnung angeordnet, nachdem es seit 2006 vergeblich versucht hatte, sich mit der Wehranlagenbetreiberin auf diese Maßnahmen zu einigen.
Die Wehranlagenbetreiberin hatte dagegen mit der Begründung geklagt, ihr altes Wasserrecht, das sie zur unbeschränkten Gewässernutzung berechtigte, dürfe wegen des Bestandsschutzes nicht nachträglich eingeschränkt werden. Die angeordneten Maßnahmen seien nicht erforderlich. Der Lachs sei eine in dieser Gegend ausgestorbene Tierart, deren Wiederansiedlung trotz jahrzehntelanger Versuche nicht wieder gelungen sei. Außerdem gebe es in der Wiese keine Äschen als Leitfische. Jedenfalls aber genüge für den Lachs und die anderen Fische eine Mindestwassermenge von 800 bis 900 l/s. Schließlich seien die mit der Durchführung der angeordneten Maßnahmen verbundenen Kosten und Gewinneinbußen infolge einer nur noch eingeschränkt möglichen energiewirtschaftlichen Nutzung des Wassers der Wiese unverhältnismäßig und unzumutbar.
Dieser Argumentation ist das Gericht nicht gefolgt. Es führte dazu im Urteil aus, auch alte Wasserrechte könnten nach den gesetzlichen Vorschriften nachträglich zur Herstellung eines guten ökologischen Zustands entschädigungslos beschränkt werden. Die angeordneten Maßnahmen erwiesen sich nach gerichtlicher Überprüfung als geeignet, erforderlich und verhältnismäßig. Sie seien vom Landratsamt ermessensfehlerfrei angeordnet worden. Die Mindestwassermenge sei entsprechend der gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Landwirtschafts- und des Wirtschaftsministeriums nach wissenschaftlich anerkannter Methode festgesetzt worden. Ob der Festlegung der Mindestwassermenge die Anforderungen des Lachses zugrunde gelegt werden dürften, sei hier unerheblich, da das Landratsamt sie nur nach den Lebensraumanforderungen der Indikatorfischarten Äsche, Nase und Bachforelle bzw. Barbe bemessen habe. Diese Fischarten seien nach den überzeugenden Ausführungen des Landratsamtes und des Fischereisachverständigen des Regierungspräsidiums auch tatsächlich in der Wiese bei Lörrach vorhanden. Bei der Anordnung eines Fischaufstiegs habe das Landratsamt nicht nur auf den aktuell vorhandenen Fischbestand, sondern auch auf den Lachs abstellen dürfen, weil dessen Wiederansiedlung Zielsetzung des Bewirtschaftungsplans sei und an der Eignung der Wiese als Lachswiederansiedlungsgebiet keine durchgreifenden Zweifel bestünden. Die Anordnung des Landratsamtes verstoße auch nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot, weil auch gegenüber anderen Wasserkraftanlagen Verfahren zur Wiederherstellung der Gewässerdurchgängigkeit durchgeführt würden.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einen Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim stellen.