Eine für Sonntag, den 9. Mai 2021, angemeldete Versammlung mit Aufzug unter dem Motto „Frieden, Freiheit, Grundrechte“ in der Stadt Villingen-Schwenningen bleibt verboten. Dies hat das Verwaltungsgericht Freiburg mit Beschluss vom 5. Mai 2021 entschieden (1 K 1396/21).
Das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis hatte die von dem Eilantragsteller angemeldete Demonstration untersagt und dies ausführlich mit dem Schutz vor der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus im derzeit besonders betroffenen Schwarzwald-Baar-Kreis begründet. Den hiergegen gerichteten Eilantrag hat das Gericht abgelehnt. Zur Begründung führt es im Wesentlichen aus, das vom Landratsamt ausgesprochene Versammlungsverbot sei nach der im Eilverfahren vorgesehenen überschlägigen Prüfung voraussichtlich rechtmäßig. Angesichts der grundlegenden Bedeutung der Versammlungsfreiheit für das demokratische und freiheitliche Gemeinwesen komme ein Versammlungsverbot zwar nur in Betracht, wenn mildere Mittel nicht zur Verfügung stünden und der Grundrechtseingriff verhältnismäßig sei. Diese Voraussetzungen seien jedoch aller Voraussicht nach erfüllt.
Insbesondere vor dem Hintergrund des erheblichen Infektionsgeschehens im Schwarzwald-Baar-Kreis mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von derzeit 267,8 sei davon auszugehen, dass auch unter den potentiellen Versammlungsteilnehmern ansteckende Personen sein würden, die möglicherweise (noch) keine Symptome entwickelt hätten und denen ihre Erkrankung daher (noch) unbekannt sei. Dass sich alle Versammlungsteilnehmer an die gebotenen Corona-Schutzmaßnahmen halten würden, könne hingegen nicht angenommen werden. Dies habe das Landratsamt plausibel unter anderem mit den örtlich engen Gegebenheiten am angemeldeten Versammlungsort auf dem Latschariplatz mit Demonstrationszug durch die Obere Straße entlang des Benediktinerrings bis zum Riettor und über die Rietstraße wieder zum Latschariplatz in der Villinger Innenstadt begründet, wo der notwendige Mindestabstand bei der angemeldeten Teilnehmerzahl von bis zu 1.000 Personen nicht einzuhalten sein dürfte. Nicht zu beanstanden sei auch die Annahme des Landratsamts, dass eine Pflicht zum Tragen medizinischer Masken voraussichtlich von einem erheblichen Teil der Versammlungsteilnehmer nicht eingehalten werden würde. Nachvollziehbar habe sich das Landratsamt dazu unter anderem darauf gestützt, es sei zu erwarten, dass jedenfalls ein Teil der potentiellen Versammlungsteilnehmer der sog. „Querdenken“-Bewegung zuzurechnen sei, die sich gerade gegen Corona-Schutzmaßnahmen wende, sodass ein Verstoß gegen diese Maßnahmen keinesfalls fernliegend sei. Das Landratsamt habe auch verständlich dargestellt, dass die Situation im Schwarzwald-Baar-Klinikum bereits sehr angespannt sei und bei einem Ansteigen der Infektionszahlen eine Überlastung des Gesundheitssystems drohe, nachdem das Klinikum die Versorgung von Nicht-Notfall-Patienten bereits einschränken musste.
Das Gericht betont darüber hinaus die infektiologischen Gefahren im Zusammenhang mit Großveranstaltungen. Gerade bei Versammlungen, bei denen regelmäßig ein dynamisches Geschehen sowie Gedränge bei An- und Abreise herrsche, lautstark Meinungen bekundet würden und viel gesprochen werde, könne es bei Unterschreitung des Mindestabstandes auch im Freien durchaus zu Übertragungssituationen - sei es durch Aerosole oder Tröpfchen - kommen. Diese Annahme werde durch eine Studie des ZEW Mannheim und der Humboldt-Universität zu Berlin gestützt, die die Auswirkungen zweier großer „Querdenken“-Kundgebungen im November 2020 auf die Sieben-Tage-Inzidenz analysiert habe. Nach der Studie hätten im Falle der Absage dieser Veranstaltungen 16.000 bis 21.000 COVID-19-Infektionen allein bis Weihnachten 2020 verhindert werden können.
Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Der Antragsteller kann binnen zwei Wochen Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim einlegen.