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Sichtung von im Zuge eines Vereinsverbots beschlagnahmten Dateien der Verfassten Studierendenschaft ist zulässig

Datum: 11.04.2018

Kurzbeschreibung: PM 11.04.2018

Die Entschlüsselung, Öffnung und Sichtung von Dateien auf einem Datenträger der Verfassten Studierendenschaft der Albert-Ludwig-Universität Freiburg, der in einem Vereinsverbotsverfahren vom Landeskriminalamt beschlagnahmt worden war, ist zulässig. Dies hat das Verwaltungsgericht Freiburg mit Beschluss vom 06.04.2018 (4 K 9673/17) entschieden.

 

Mit Verfügung vom 14.08.2017 hatte das Bundesinnenministerium den Verein „linksunten.indymedia“ verboten. Zum Zweck der Sicherstellung beschlagnahmten Vereinsvermögens sowie des Auffindens weiterer Unterlagen und Gegenstände, die als Beweismittel im Verbotsverfahren gegen den Verein von Bedeutung sein könnten, wurde daraufhin bei mehreren mutmaßlichen Verantwortlichen von „linksunten.indymedia“, u. a. bei einem Teilzeitangestellten der Verfassten Studierendenschaft vom Landeskriminalamt eine Durchsuchung durchgeführt. Dabei wurden unter anderem eine Festplatte und ein USB-Stick beschlagnahmt. Die Verfasste Studierendenschaft machte geltend, diese Datenträger stünden in ihrem Eigentum und die darauf gespeicherten Daten seien im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben entstanden. Die Datenträger müssten daher zurückgegeben werden. Eine Auswertung der Dateien „ins Blaue hinein“ habe zu unterbleiben. Nachdem die Datenträger zurückgegeben worden waren, beantragten die Verfasste Studierendenschaft, deren Vorsitzender sowie ein Vorstandsmitglied beim Verwaltungsgericht Freiburg die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegenüber dem Land Baden-Württemberg mit dem Ziel, die Entschlüsselung und Sichtung der Dateien im Verbotsverfahren zu verhindern. Hinsichtlich des USB-Sticks erledigte sich das Verfahren, nachdem das Land Baden-Württemberg mitgeteilt hatte, die darauf gespeicherten Daten seien für das Vereinsverbotsverfahren nicht erheblich, so dass davon gefertigte Kopien gelöscht würden. Hinsichtlich der Festplatte lehnte das Verwaltungsgericht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Wesentlichen mit folgender Begründung ab:

 

Das Land Baden-Württemberg dürfe die von ihm gefertigten Kopien der auf der Festplatte gespeicherten Dateien entschlüsseln, öffnen und sichten. Die Befugnis zu diesen Maßnahmen ergebe sich aus dem Vereinsgesetz in Verbindung mit der Strafprozessordnung, nachdem das Verwaltungsgericht zu Recht eine Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung erlassen habe. Da sich die nicht besonders gekennzeichnete Festplatte in der Wohnung des von dieser Anordnung betroffenen Angestellten der Verfassten Studierendenschaft befunden habe, bestehe auch ein hinreichender Anhaltspunkt dafür, dass sich auf ihr Daten befänden, welche im Verbotsverfahren als Beweismittel dienen könnten. Es sei nicht ausgeschlossen, dass auf der Festplatte Daten mit Bezug zur Tätigkeit des nunmehr verbotenen Vereins gespeichert sein könnten.

 

Die Entschlüsselung, Öffnung und Sichtung der Dateien auf der Festplatte sei auch verhältnismäßig, insbesondere mit Grundrechten vereinbar. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Verwaltungsdateien der Verfassten Studierendenschaft vom Land Baden-Württemberg für andere Zwecke gespeichert und verwendet würden. Es sei vielmehr zu erwarten, dass das Land, sofern die Dateien entschlüsselt werden könnten, diese nach Sichtung - wie im Fall des zwischenzeitlich ausgelesenen USB-Sticks - sperre und dann lösche und dies auch nachweise. Der somit vergleichsweise geringe Eingriff in die Rechte der Verfassten Studierendenschaft wiege somit weniger schwer als das öffentliche Interesse, das ausgesprochene Vereinsverbot auf eine möglichst vollständige Tatsachengrundlage stützen zu können.

 

Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können innerhalb von zwei Wochen Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg einlegen.




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