Das nicht angemeldete Straßenfest im Freiburger Sedanviertel, das in der Nacht vom 30.04.2019 auf den 01.05.2019 stattfand, war nicht durch das Grundrecht der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) geschützt. Dies entschied das Verwaltungsgericht Freiburg mit den Beteiligten nun bekannt gegebenem Urteil vom 21.06.2022 (10 K 1496/20), mit dem es die Klage einer Teilnehmerin des Straßenfests abwies. Diese hatte mit ihrer Klage die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit eines von der Polizei gegen 2:30 Uhr ausgesprochenen Platzverweises erreichen wollen.
In der Nacht vom 30.04.2019 auf den 01.05.2019 fand im Freiburger Sedanviertel eine - mit Ausnahme des sog. Spechtpassagenfestes - nicht bei der Stadt Freiburg angemeldete Zusammenkunft mit zeitweise bis zu 2.000 Teilnehmern statt. In der Belfortstraße und der Adlerstraße waren Musikanlagen aufgebaut, mit denen bis in die Nacht Musik abgespielt wurde. Ab ca. 2:15 Uhr forderte die Polizei mit mehreren Lautsprecherdurchsagen die verbliebenen Teilnehmer auf, die Adler- und die Belfortstraße in Richtung Schnewlinstraße zu verlassen. Ab ca. 2:30 Uhr räumten polizeiliche Einsatzkräfte die Straßen. Schließlich wurden gegen 3:30 Uhr von ca. 40 Personen, die sich nicht freiwillig entfernt hatten, die Personalien aufgenommen, unter anderem von der Klägerin. Gegen diese verhängte die Stadt Freiburg ein Bußgeld i.H.v. 100 € mit der Begründung, dass sie sich entgegen der Aufforderung der Polizei geweigert habe, den Bereich der Belfortstraße und der Adlerstraße zu verlassen. Über den dagegen von der Klägerin eingelegten Einspruch hat das Amtsgericht Freiburg bislang nicht entschieden.
Am 23.04.2020 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben mit dem Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit des ihr gegenüber ausgesprochenen Platzverweises. Zur Begründung hat sie insbesondere geltend gemacht, die Polizei habe den Platzverweis nicht auf das Polizeigesetz stützen dürfen, weil es sich um eine Versammlung im Sinne von Art. 8 GG gehandelt habe. Dieser Argumentation ist das Gericht nicht gefolgt. Zu den wesentlichen Gründen:
Bei der Zusammenkunft im Freiburger Sedanviertel in der Nacht vom 30.04.2019 auf den 01.05.2019 habe es sich nicht um eine Versammlung im Sinne von Art. 8 GG gehandelt, sondern nach dem Gesamtgepräge vielmehr um ein in erster Linie Unterhaltungszwecken dienendes Straßenfest. Für eine Versammlung sei Voraussetzung, dass die Zusammenkunft auf die Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sei. Darum sei es aber nur vereinzelt gegangen. Zudem hätten diese Teile der Veranstaltung bereits gegen 1:00 Uhr geendet. Insgesamt hätten Musik, Tanz und geselliges Beisammensein im Vordergrund gestanden.
Der Platzverweis sei nach dem Polizeigesetz gerechtfertigt gewesen, da für die Veranstaltung nicht die erforderliche Sondernutzungserlaubnis nach dem Straßengesetz beantragt worden sei. Die zunächst erfolgte Duldung seitens der Polizei habe keinen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand begründet und daher die Polizei nicht gehindert, einzuschreiten. Sie habe mit „Anti-Konflikt-Teams“ sowie engmaschiger Kommunikation über soziale Medien die Veranstaltung begleitet und von Anfang an Präsenz gezeigt, um nötigenfalls polizeiliche Maßnahmen zu ergreifen. Zudem seien zum Zeitpunkt des polizeilichen Vorgehens die während der Nachtzeit zulässigen Lärmimmissionswerte fortdauernd überschritten gewesen. Zwar seien die Musikanlagen ab ca. 2:10 Uhr abgeschaltet gewesen. Die Polizei habe aber damit rechnen müssen, dass im Falle der Fortführung der Veranstaltung von den noch anwesenden Teilnehmern eine erhebliche Lärmbelästigung für die Anwohner ausgehen würde.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann innerhalb eines Monats die Zulassung der Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim beantragen.