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Gefahr der Zwangsbeschneidung kann zu Abschiebungsverbot führen

Datum: 01.02.2006

Kurzbeschreibung: Pressemitteilung vom 13.02.2001

Das Verwaltungsgericht Freiburg hat auf die Klage einer Asylbewerberin aus Kamerun hin das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge verpflichtet, ein Abschiebungsverbot wegen einer drohenden Genitalverstümmelung (Zwangsbeschneidung)  festzustellen (Urteil vom 5.2.2001 auf die mündliche Verhandlung vom 24.1.2001 - A 2 K 10745/00).

Im vorliegenden Fall könne die Klägerin zwar nicht als Asylberechtigte nach Art. 16a Abs. 1 GG anerkannt werden, da sie über einen sicheren Drittstaat eingereist sei. Die Beklagte sei jedoch verpflichtet festzustellen, dass bei der Klägerin in Bezug auf Kamerun die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots vorliegen. Sie habe glaubhaft gemacht, dass sie vor der ihr unmittelbar drohenden, zwangsweisen Genitalverstümmelung geflohen sei. Etwa 20 % der Mädchen und Frauen in Kamerun würden beschnitten, und zwar in Form der Klitoris-Beschneidung, bei der die Klitoris ganz oder teilweise entfernt wird, oder in Form der „Exzision“, bei der Klitoris und die inneren Schamlippen entfernt werden. Das Auswärtige Amt habe mitgeteilt, dass die Beschneidungen normalerweise zur Hochzeit oder nach der Geburt des ersten Kindes der Betroffenen vorgenommen würden; solange Frauen im gebärfähigen Alter seien, unterlägen sie der Gefahr der Zwangsbeschneidung. Die zwangsweise Genitalverstümmelung stelle eine politische Verfolgung dar. Sie knüpfe an die Überzeugung der betroffenen Frau an, das Recht zu haben, ein unverstümmeltes Leben als Frau zu führen und die traditionelle „Beschneidung“ zu verweigern. Diese Überzeugung sei eine politische, da es um das Verhältnis zwischen den Geschlechtern, um die gesellschaftliche Stellung und Rolle der Frau und um ihr Selbstbestimmungsrecht gehe. Zur Verfolgungsmaßnahme werde die Genitalverstümmelung dadurch, dass sie zwangsweise erfolge. Die betroffenen Frauen sollten den Traditionen unterworfen und unter Missachtung ihres Selbstbestimmungsrechts zum verstümmelten Objekt gemacht werden, also zu dem, was sie gerade aus ihrer zu schützenden politischen Überzeugung ablehnen. Auch wenn sie nicht unmittelbar von staatlichen Organen, sondern von Dritten vorgenommen werde, sei sie in Kamerun dem Staat als politische Verfolgung zuzurechnen. Kamerun gehe nicht wirksam gegen die Zwangsbeschneidung vor und unternehme über Lippenbekenntnisse hinaus keine konkreten Maßnahmen zur Eindämmung der Zwangsbeschneidung bei Frauen.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Bundesrepublik Deutschland und der Bundesbeauftragte für Asyl können beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim Zulassung der Berufung beantragen.

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