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Sind Stellplätze im Vorgarten zulässig?

Datum: 14.02.2006

Kurzbeschreibung: Pressemitteilung vom 06.06.2005

Das Verwaltungsgericht Freiburg hat mit zwei Urteilen auf die mündliche Verhandlung vom 26.04.2005 entschieden, dass in den Freiburger Stadtteilen Herdern, dort auf einem Grundstück in der Stadtstraße (4 K 1322/03), und Wiehre, dort auf einem Grundstück in der Goethestraße (4 K 51/03), keine Stellplätze für Kraftfahrzeuge errichtet werden dürfen. Das Gericht hat sich im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:

1. Die Errichtung eines Stellplatzes bis zu einer Nutzfläche von 50 m² bedarf zwar keiner Baugenehmigung. Jedoch müssen auch nicht genehmigungspflichtige Vorhaben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechen. Das ist bei den umstrittenen Stellplätzen nicht der Fall. Sie widersprechen den in Baufluchtenplänen von 1897 (Herdern) bzw. von 1888 (Wiehre) festgesetzten Baufluchten.

Diese Pläne beanspruchen auch heute noch Geltung. Nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs gelten vormals bestehende baurechtliche Vorschriften und festgestellte städtebauliche Pläne als Bebauungspläne fort, soweit sie bestimmte verbindliche Regelungen enthalten. Allein das Verstreichen eines langen Zeitraums führt nicht zum Unwirksamwerden einer bauplanungsrechtlichen Festsetzung. Funktionslos kann ein Plan oder können einzelne Festsetzungen eines Plans zwar werden, wenn die Festsetzungen auf unabsehbare Zeit schlechterdings nicht mehr realisiert werden können, ihre sinnvolle Durchsetzung mithin gänzlich unmöglich ist. Die hier festgesetzten Baufluchten sind indes nicht funktionslos. Die meisten Wohngebäude sind genau auf den Baufluchten errichtet worden und die Flächen zwischen den Gebäuden und dem Straßengrundstück sind dort weitgehend von einer Bebauung frei geblieben.

Diese Baufluchten haben zur Folge, dass der Bereich zwischen straßenseitiger Grundstücksgrenze und der Bauflucht nicht überbaubar ist. Hiernach besteht für den zwischen Straßenflucht und Bauflucht gelegenen Bereich als so genannte "Vorgartenfläche" grundsätzlich ein Bauverbot. Das gilt vor allem auch für einen Stellplatz, der nicht allein auf eine mit Pflastersteinen oder mit anderen Materialien befestigte Erdoberfläche, deren Einsicht leicht durch Hecken oder Einfriedigungen verhindert werden könnte, reduziert werden kann, zu dem vielmehr immer auch ein abgestelltes Kfz hinzugedacht werden muss. Ein Stellplatz ist der Sache nach mit anderen baulichen Anlagen vergleichbar. Von seinen städtebaulichen Auswirkungen her entspricht er einer oberirdischen baulichen Anlage.

2. In Bezug auf den Stellplatz in der Goethestraße hat das Gericht zudem entschieden, dass er auch dann unzulässig wäre, wenn der alte Plan nicht gelten würde, weil er sich hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht in die nähere Umgebung einfügt. In diesem Bereich befinden sich die straßenseitigen Außenwände der vorhandenen Gebäude in einer Entfernung von etwa 5,50 m zum Gehweg. Der Bereich vor dieser Linie ist jeweils als Vorgarten angelegt und bei allen Grundstücken - bis auf die Einfriedigungen an der straßenseitigen Grundstücksgrenze und die Zufahrten zu Stellplätzen oder Garagen im hinteren Bereich der Grundstücke sowie die Fußwege zu den Gebäuden - frei von baulichen Anlagen. In die so geprägte nähere Umgebung fügt sich ein Stellplatz im Vorgarten hinsichtlich der überbaubaren Grundstückfläche nicht ein. Dabei ist auch insoweit nicht allein die Pflasterung maßgeblich, sondern die Nutzung als Abstellplatz.

Schließlich sei es nicht zu beanstanden und insbesondere mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu vereinbaren, dass die Stadt Freiburg dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung einer unbebauten Vorgartenzone und dem „harmonischen Gesamtbild der Umgebung“ größeres Gewicht beigemessen hat als dem der Klägerin an der Errichtung eines Stellplatzes. Dabei dürfte der Vorzone entlang der Goethestraße eine besondere Bedeutung zuzumessen sein, weil der Charakter dieser Straße nicht nur durch die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts errichteten auffallenden Villen und Gebäude, sondern auch durch die begrünten Vorgärten maßgeblich bestimmt wird.

Die Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig, beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim kann innerhalb eines Monats Berufung eingelegt werden.

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