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"Sondertarif" für Taxi-Krankenfahrten?
Datum: 21.10.2008
Kurzbeschreibung: Pressemitteilung vom 21.10.2008
Das Verwaltungsgericht Freiburg hat die Klage der AOK Baden-Württemberg gegen eine Entscheidung des Landratsamts Ortenaukreis, mit der eine zwischen der AOK und Taxiverbänden geschlossene Vereinbarung über Taxi-Krankenfahrten für unwirksam erklärt wurde, mit dem inzwischen den Beteiligten zugestellten Urteil vom 11.09.2008 2 K 1256/07 - als unzulässig abgewiesen.
Die AOK Baden-Württemberg, die Klägerin, sowie weitere Krankenkassen hatten mit Datum vom 01.06.2006 mit mehreren baden-württembergischen Verbänden des Verkehrsgewerbes einen Rahmenvertrag über die Durchführung und Vergütung von Krankenfahrten mit Taxen im Rahmen des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) geschlossen. Der Vertrag sah für alle Krankenfahrten (Taxi und Mietwagen) innerhalb und außerhalb des Tarifgeltungsbereichs die folgenden Beförderungsentgelte (inkl. Mehrwertsteuer) vor:
Grundpreis für die Inanspruchnahme des Fahrzeuges je Einzelfahrt: 2,50 €
Streckentarif je gefahrenen Kilometer: 0,63 €/km
Auftragsbedingte Wartezeiten ab 15 Minuten, rückwirkend ab der 1. Min.: 0,30 €/min.
Mit Bescheid vom 01.12.2006 stellte das Landratsamt Ortenaukreis auf der Grundlage einer Rechtsverordnung des Landratsamtes über die Festsetzung der Beförderungsentgelte und Beförderungsbedingungen für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen im Ortenaukreis (Taxentarif) fest, dass der Rahmenvertrag vom 01.06.2006 für den Bereich des Ortenaukreises keine Wirkung entfalte, weil er zu einer Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes führe und deshalb die Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 PBefG nicht vorlägen. Denn bezogen auf die Leistung „Krankentransport“ seien die im Rahmenvertrag vorgesehenen Entgelte nicht kostendeckend und berücksichtigten keine angemessene Gewinnspanne. Sie lägen deutlich unter dem in der Rechtsverordnung festgesetzten Taxentarif von 1,50 € pro Kilometer.
Hiergegen wandte sich die AOK Baden-Württemberg mit der Begründung, sie werde durch den Bescheid in eigenen Rechten verletzt. Denn es werde unmittelbar in ihre vertragliche Rechtsposition eingegriffen. § 51 Abs. 2 PBefG ermögliche den Abschluss von Sondervereinbarungen und diene daher auch dem Schutz der Vertragspartner einer solchen Sondervereinbarung. Das Landratsamt habe die relevanten Verkehrsmärkte und die hierauf eintretenden Auswirkungen im Falle einer Genehmigung oder Ablehnung der Sondervereinbarung nicht zutreffend ermittelt. Es gehe zu Unrecht davon aus, dass die im Rahmenvertrag vorgesehenen Entgelte nicht kostendeckend seien.
Das Verwaltungsgericht hat sich bei seiner Entscheidung im Wesentlichen von folgenden Erwägungen leiten lassen:
Die Klage sei unzulässig. Die Klägerin sei nicht nach § 42 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) klagebefugt. Sie könne durch die Feststellung, dass der Rahmenvertrag vom 01.06.2006 im Ortenaukreis keine Wirkung entfalte, nämlich nicht in eigenen Rechten verletzt sein, weil ihr durch das Personenbeförderungsgesetz kein Schutz vermittelt werde. Denn die Regelung des § 51 Abs. 2 PBefG diene neben dem öffentlichen Interesse an leistungsgerechten Beförderungsentgelten und -bedingungen nur dem Schutz der Taxiunternehmen vor ruinösen Bedingungen. Dies bedeute, dass § 51 Abs. 2 PBefG nur insoweit drittschützende Wirkung entfalte, als die Auskömmlichkeit der Tarife für die Taxifahrer gewahrt bleiben müsse. Über den Schutz der Verkehrsanbieter in ihrer Gesamtheit hinaus könne daher nur der einzelne Taxiunternehmer die Verletzung eigener Rechte geltend machen; dies sei dann der Fall, wenn es durch die Umsetzung der Sondervereinbarung zu derartigen Verwerfungen und Verschiebungen auf dem Verkehrsmarkt komme, dass die Nachfrage nach Beförderungen im Pflichtfahrbereich nur noch von marginaler Bedeutung sei und deshalb insbesondere die durch die Rechtsverordnung festgelegten Entgelte nicht mehr auskömmlich seien, oder dann, wenn die Aufsichtsbehörde zu Unrecht die Wirksamkeit der Sondervereinbarung verneine. Die Regelung des § 51 Abs. 2 PBefG diene indessen nicht dem Schutz der Interessen der Klägerin als Kundin der Taxiunternehmen. Das habe zur Folge, dass allein die Taxiunternehmen sich darauf berufen könnten, dass die zu ihrem Schutz bestehenden Voraussetzungen für den Abschluss einer Sondervereinbarung gegeben seien, während die Klägerin - auch als Vertragspartnerin der Taxiunternehmen - nicht geltend machen könne, dass der Schutz der Unternehmen (und der Allgemeinheit) durch die Vereinbarung gewahrt sei.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung ist die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gegeben. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung einzulegen.