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Geschlossener psychiatrischer Bereich neben Wohnhaus

Datum: 16.12.2008

Kurzbeschreibung: Pressemitteilung vom 16.12.2008

Das Verwaltungsgericht Freiburg hat mit Urteil vom 12.11.2008 die Klage von Nachbarn eines Alten- und Pflegeheims in Villingen-Schwenningen gegen die baurechtliche Genehmigung eines geschlossenen psychiatrischen Bereichs in diesem Heim abgewiesen.

Das Verfahren hat folgenden HIntergrund: Der Betreiber des Alten- und Pflegeheims begann Ende des Jahres 2005, psychisch Kranke, insbesondere solche mit Suchtgeschichte, in einen geschlossenen Bereich seiner Einrichtung aufzunehmen. Dagegen erhoben sich umfangreiche Anwohnerproteste; es wurde eine Bürgerinitiative „Villingen-Schwenningen Kurgebiet e. V.“ gegründet, die vor allem Lärmbelästigungen und die Verunsicherung der Umgebung durch gefährliche Patienten beanstandete. Im November 2006 erteilte die Stadt Villingen-Schwenningen dem Betreiber eine Baugenehmigung für die Einrichtung und Nutzung eines geschlossenen psychiatrischen Bereichs mit 22 Betten zur Unterbringung psychisch kranker Personen mit Suchtproblematik. Zu diesem Bereich gehört auch ein umzäuntes Freigelände.
Die Kläger bewohnen ein Einfamilienhaus neben dem Alten- und Pflegeheim. Der Abstand von ihrer Grundstücksgrenze zum Zaun des Freigeländes für den psychiatrischen Bereich beträgt ca. 16 Meter. Die Kläger machen geltend, die genehmigte psychiatrische Abteilung verschlechtere ihre Wohnsituation massiv; besonders störend seien die Lärmbelästigungen vom Freigelände, das zudem wie ein Käfig anmute. Hinzu komme die Gefahr von Straftaten untergebrachter Personen, etwa in Form von Beschaffungskriminalität.

Das Verwaltungsgericht hat die Abweisung der Klage im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Baugenehmigung verletze keine Rechte der Kläger. Sie begrenze den psychiatrischen Bereich auf 22 Plätze ohne Erweiterungsmöglichkeit. Die Plätze dürften nur zur Unterbringung von Personen auf Grundlage des Betreuungsrechts genutzt werden. Daher sei eine Unterbringung von Personen mit Fremdgefährdungspotenzial ausgeschlossen.
Das Vorhaben liege in einem unbeplanten, im Zusammenhang bebauten Ortsteil. Entgegen der Auffassung der Kläger entspreche seine nähere Umgebung keinem reinen Wohngebiet. Sie sei auch keinem anderen Baugebiet nach der Baunutzungsverordnung zuzuordnen. Vielmehr sei sie durch eine Durchmischung vorhandener Wohnbebauung mit Anlagen eines Misch- und Kerngebiets gekennzeichnet. Die Kläger könnten deshalb keinen Anspruch auf Erhaltung des Charakters eines bestimmten Baugebiets geltend machen.
Das Vorhaben verstoße auch nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Maßgeblich seien allein die städtebaulichen Wirkungen des Vorhabens. Daher spielten der von den Klägern befürchtete Wertverlust ihres Grundstücks und die Art der Gestaltung des umzäunten Freigeländes keine Rolle. Es sei nicht ersichtlich, dass die begrenzten Belegplätze für die psychiatrische Abteilung zusammen mit den Wohnbereichen des Alten- und Pflegeheims in dem weitläufigen Gebiet zu bewältigungsbedürftigen Spannungen führen könnten. Der dauernde Aufenthalt von psychisch kranken Menschen ohne Fremdgefährdungspotenzial könne ohnehin nicht als städtebauliche Spannungslage begriffen werden. Lautäußerungen der Heimbewohner auf dem Freigelände, insbesondere auch das beanstandete Abhusten der Raucher, seien von den Klägern hinzunehmen. Die Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung, die eine Nutzung des Freibereichs zur Nachtzeit ausschlössen und zur Tageszeit nur in Begleitung von Pflegepersonal erlaubten, schützten die Kläger ausreichend vor übermäßigem Lärm.


Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Kläger können innerhalb eines Monats einen Antrag auf Zulassung der Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg stellen.

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