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"Schattenparker" muss bezahlen

Datum: 21.05.2009

Kurzbeschreibung: Pressemitteilung vom 21.05.2009

Mit dem den Beteiligten jetzt zugestellten Urteil vom 7.5.2009 – 4 K 337/07 – hat das Verwaltungsgericht Freiburg die Klage eines ehemaligen Mitglieds einer Wagenburg gegen einen Kostenbescheid für das Abschleppen und Unterstellen seines Fahrzeugs im Wesentlichen abgewiesen.

Das Verfahren hat folgenden Hintergrund:

In der Zeit von März 2003 bis November 2005 schlossen sich mehrere Besitzer von Lastwagen, Anhängern und Bauwagen, die alle zu Wohnzwecken umgebaut waren, in der Basler Landstraße in Freiburg-St. Georgen zu einer so genannten Wagenburg zusammen. Diese Gruppierung nannte sich selbst "Schattenparker". Nachdem die Stadt Freiburg im Februar 2005 die Räumung des Geländes angeordnet hatte, begaben sich die Mitglieder der Wagenburg mit ihren Fahrzeugen im November 2005 auf ein Betriebsgelände im Industriegebiet Freiburg-Nord. Auch dort konnten sie, wie die Polizei ihnen klar machte, nicht bleiben. Darauf zogen sie mit ihren Fahrzeugen zunächst durch die Stadt und stellten dann viele Fahrzeuge auf verschiedenen Grundstücken im Stadtteil Vauban ab. Hier jedoch wurden sie ebenfalls auf Antrag der Grundstückseigentümer von der Polizei zum Verlassen aufgefordert. Schließlich begaben sich am 3.12.2005 zahlreiche Mitglieder der Wagenburg, darunter der Kläger, mit ihren insgesamt 25 Fahrzeugen auf ein städtisches Grundstück an der Ecke Merzhauser Straße / Wiesentalstraße („Fahnenmastgrundstück“). Darauf verfügte der Leiter des Amts für öffentliche Ordnung die Beschlagnahme der Fahrzeuge. Auf Anordnung des Polizeivollzugsdiensts wurden sie von beauftragten Abschleppunternehmen auf ein eingezäuntes Grundstück eines Abschleppunternehmens im Gewerbegebiet Freiburg-Hochdorf verbracht.
Mit Bescheid vom 20.02.2006 setzte die Stadt Freiburg die Kosten für das Abschleppen und das Unterstellen des Fahrzeugs des Klägers auf 1.474,45 EUR fest. Am 01.03.2006 erhielt der Kläger sein Fahrzeug zurück.

Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Kostenerhebung liege die Beschlagnahme des Fahrzeugs zu Grunde, die rechtmäßig gewesen sei. Der Kläger und die anderen Mitglieder der Wagenburg könnten sich für die Besetzung des Fahnenmastgrundstücks am 3.12.2005 nicht auf ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit berufen, weil Hauptzweck der Besetzung nicht die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung, sondern die Errichtung einer neuen Wagenburg gewesen sei. Die Beschlagnahme sei zum Schutz eines Einzelnen oder des Gemeinwesens gegen eine unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit sowie zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung erforderlich gewesen. Die Mitglieder der Wagenburg hätten ihre Fahrzeuge mehrmals auch über längere Zeit auf fremden Grundstücken abgestellt, als Wohnung benutzt und damit gegen eine Vielzahl von Rechtsvorschriften, u. a. des Baurechts und des Straßenrechts, sowie gegen das Eigentumsrecht fremder Grundstückseigentümer verstoßen. Die Beschlagnahme habe der Beseitigung der Störung durch die Besetzung des „Fahnenmastgrundstücks“ gedient; darüber hinaus sei sie auf die Abwehr künftiger Störungen durch erneutes rechtswidriges Abstellen der Wagenburgfahrzeuge an anderer Stelle gerichtet gewesen. Solche künftigen Störungen hätten auch unmittelbar bevorgestanden, weil die „Schattenparker“ offensichtlich über keinen legalen Standplatz verfügt hätten, aber nach eigenem Bekunden um jeden Preis an ihrer alternativen Lebensweise in ihren Fahrzeugen hätten festhalten wollen. Ein Räumungsgebot für das „Fahnenmastgrundstück“ an Stelle der Beschlagnahme sei keine Lösung gewesen, weil aufgrund des vorherigen Verhaltens der „Schattenparker“ zu erwarten gewesen sei, dass sie ihre Fahrzeuge dann an anderer Stelle rechtswidrig zu Wohnzwecken nutzten. Dem Eventualfall der Obdachlosigkeit einzelner Mitglieder der Wagenburg habe die Stadt hinreichend Rechnung getragen und sie unter anderem darauf hingewiesen, dass notfalls eine Unterbringung in einer Obdachlosenunterkunft erfolgen könne.
Die Höhe der geltend gemachten Kosten sei nicht zu beanstanden; Anhaltspunkte für ein Überschreiten der verkehrsüblichen Preise bestünden nicht. Die Klage habe allein insoweit Erfolg, als sie sich auch gegen den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg richte; dieser sei rechtswidrig, weil nicht das Regierungspräsidium, sondern die Stadt selbst für die Widerspruchsentscheidung zuständig gewesen sei.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können innerhalb eines Monats Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg einlegen.

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