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Klage des NABU gegen Kormoranvergrämung abgewiesen

Datum: 04.03.2009

Kurzbeschreibung: Pressemitteilung vom 04.03.2009

Der Kläger, der Naturschutzbund Deutschland (NABU), Landesverband Baden-Württemberg e. V., wollte mit seiner Klage die gerichtliche Feststellung erreichen, dass die mit Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 08.04.2008 erteilte  naturschutzrechtliche Befreiung sowie artenschutzrechtliche Ausnahme für die Vergrämungsmaßnahme im Naturschutzgebiet Aachried am Bodensee (Untersee) rechtswidrig gewesen sei. Die Entscheidung hatte die Störung des Brutgeschäfts mittels stark bündelnder Halogenlampen und das dadurch bewirkte Auskühlen von Kormoraneiern erlaubt. Die Maßnahme wurde mit hohen Schäden bei den Berufsfischern am Untersee sowie dem Schutz der heimischen Fischarten, insbesondere die Äsche, begründet und in der Nacht vom 08.04.2008 auf den 09.04.2008 durchgeführt.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem den Beteiligten nun zugestellten Urteil vom 17.02.2009 - 3 K 805/08 - abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Vergrämungsmaßnahme sei zur Abwendung fischereiwirtschaftlicher Schäden sowie zum Schutz der bedrohten Äsche erforderlich. Der Vollzug der Maßnahme sei nicht zu prüfen gewesen. Im Einzelnen:

Die naturschutzrechtliche Befreiung und die artenschutzrechtliche Ausnahme seien rechtmäßig. Der Kormoran sei als europäische Vogelart i.S. der Europäischen Vogelschutzrichtlinie eine besonders geschützte Art. Die artenschutzrechtlichen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes verböten es daher grundsätzlich, seine Entwicklungsformen und damit auch seine Eier zu beschädigen oder gar zu zerstören. Auch stehe er unter dem Schutz der Verordnung des Naturschutzgebietes Aachried. Es könne aber hier eine Ausnahme zur Abwendung erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schäden zugelassen werden. Zwar sei das Verwaltungsgericht nicht davon überzeugt, dass der Fressdruck (Prädation) durch den Kormoran zu einer Verringerung der Fangmenge der Berufsfischer führe. Die seit 1996 festgestellten Fangmengen bei bereits Ende der 90er Jahre deutlich einsetzender Zunahme des Kormoranbestandes belegten einen entsprechenden Zusammenhang nicht. Erhebliche fischereiwirtschaftliche Schäden entstünden jedoch durch die Zerstörung der Netze, wenn die Kormorane auf Jagd nach darin gefangenen Fischen gingen, sowie durch Fangverluste wegen herausgerissener oder beschädigter Fische. Nach einem Bericht der Fischereiaufsicht des Kantons Thurgau zu den Jahren 1996 bis 2003 betrage der jährliche Schaden durch Löcher in den Netzen und nicht mehr verwertbare Fische pro Fischer ca. 3.000-- €. Auch der Beklagte nehme Schäden in der Größenordnung von 2.000,-- € an. Die Schäden stellten in Relation zur Höhe der Gesamteinnahmen eine beachtliche Größenordnung dar, die den Gewinn zahlreicher Fischereibetriebe - zumal in ungünstigen Jahren und angesichts des ohnehin geringen Gesamteinkommens - unter die Rentabilitätsschwelle drücken und damit sogar zur Betriebsaufgabe zwingen könne.

Die Ausnahme sei auch deshalb zu Recht erteilt worden, weil der Kormoran den Bestand der Äsche am Untersee bedrohe. Denn eine geschützte Art, der Kormoran, breite sich so stark aus, dass einer anderen, der bereits auf der Roten Liste der bedrohten Arten verzeichneten Äsche, die Vernichtung drohe. Der deutliche Anstieg der Wassertemperatur des Untersees im Hitzesommer 2003 habe zu einem verheerenden Äschensterben im Untersee geführt. Der Bestand habe dadurch ganz massiv abgenommen. Da der Kormoran auf andere Fische ausweichen könne, führe dies nicht zu einer Reduzierung des Kormoranbestandes auf natürliche Weise. Es drohe - gerade im Falle eines erneuten Hitzesommers - am Untersee der vollständige Niedergang der dortigen Äschenpopulation. In dieser Situation müsse sofort jede weitere nachteilige Einwirkung auf den Bestand verhindert werden, um der Äsche nicht auch noch die verbleibende Überlebenschance zu nehmen. Hinzu komme, dass es sich bei der Äschenpopulation am Untersee um eine Population von nationaler Bedeutung handele. Durch die Laichfischerei und die Äschenaufzucht am Untersee in der Fischbrutanstalt Insel Reichenau seien in der Vergangenheit nicht nur der Untersee, sondern viele weitere Landesteile mit Jungäschen beliefert worden.
 
Angesichts dieser Gründe sei die Störung der brütenden Kormorane mit den entsprechenden Stressreaktionen sowohl unter artenschutz- als auch unter tierschutzrechtlichen Gesichtspunkten hinzunehmen.

Der Kläger mache zwar geltend, die Halogenscheinwerfer hätten im direkten Umfeld brütende Vogelarten stark beeinträchtigt. Damit rüge er aber nur, dass der Umfang der erteilten Befreiung im Rahmen der Durchführung der Maßnahme überschritten worden sei. Denn die Befreiung habe solche Störungen gerade verboten. Er mache damit nicht die Rechtswidrigkeit der Befreiung, sondern die Rechtswidrigkeit ihres Vollzugs geltend. Vollzugsfehler könnten aber nicht mit der vom Kläger erhobenen Klage geltend gemacht werden, bei der nur die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts zu prüfen gewesen sei.


Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Kläger kann innerhalb eines Monats Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg einlegen.

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