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Jahresbericht 2011
Datum: 28.03.2012
Kurzbeschreibung: PM vom 28.03.2012
Das Verwaltungsgericht Freiburg hat auch im Jahr 2011 eine Vielzahl von Verfahren aus unterschiedlichsten Rechtsgebieten entschieden. Zu nennen sind insbesondere Entscheidungen von kommunalpolitischer Bedeutung, aber auch solche, die auf überregionales Medieninteresse stießen. So räumte das Verwaltungsgericht dem Persönlichkeitsrecht von Frauen, die in der Nähe einer Schwangerschaftsberatungsstelle gezielt auf Schwangerschaft oder Abtreibung angesprochen werden, den Vorrang ein und bestätigte das Verbot sogenannter "Gehsteigberatung" durch die Stadt Freiburg (4 K 1112/11). Den Eilantrag der NPD, der auf Überlassung einer Stadthalle zur Durchführung des Bundesparteitages in Offenburg gerichtet war, wies das Gericht ab (5 K 2059/11). Das Bürgerbegehren einer Bürgerinitiative in St. Peter, die die Errichtung eines Lebensmittelmarktes verhindern wollte, erklärte es für zulässig (5 K 764/11). Im Interesse des Lärmschutzes gab es dem Eilantrag von Nachbarn statt und ordnete die vorläufige Schließung des Minigolfplatzes im Bad Säckinger Schloßpark an (3 K 1170/11). Keinen Erfolg hatte die Klage einer Mutter, die die Einführung von Ethik-Unterricht an einer Freiburger Grundschule erzwingen wollte (2 K 638/10).
Große Anerkennung fand die vom Verwaltungsgericht seit vielen Jahren durchgeführte Lehrveranstaltung "Verwaltungsgerichtliche Praxis". Auf Vorschlag der Studierenden erhielt das Gericht den Lehrpreis der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.
Im Jahr 2011 erledigten 24 Richterinnen und Richter insgesamt 2825 Verfahren und damit deutlich mehr als im Vorjahr. Der Bestand an Verfahren konnte um ca. 10 % gesenkt werden. Während etwas weniger allgemeine Verwaltungsrechtssachen beim Gericht eingingen, stieg die Zahl der neu eingegangenen Asylverfahren erneut - wie auch im Jahr zuvor - an. Die Zahlen im Einzelnen ergeben sich aus der anliegenden Tabelle Statistik 2011. Hauptherkunftsländer der Asylkläger waren Kosovo, Nigeria und Irak.
Die folgenden anhängigen Verfahren könnten für die Presse von Interesse sein:
Übernahme als Professor auf Lebenszeit an der Musikhochschule
(1 K 2091/10)
Klage eines Dirigenten, der an der Musikhochschule Freiburg befristet als Professor für Chorleitung tätig war, auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit.
Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.05.2012, 10.30 Uhr.
Entziehung des Doktorgrades wegen Plagiatsvorwurf
(1 K 58/12)
Klage gegen die Universität Konstanz.
(Termin zur mündlichen Verhandlung am 23.05.2012, 10.30 Uhr)
Klage des Prof. Dr. Friedl gegen das Universitätsklinikum Freiburg
(1 K 2463/11)
Prof. Dr. Friedl klagt auf Zahlung von ca. 2 Mio. € aus einem mit dem Universitätsklinikum geschlossenen Vergleich.
Prof. Dr. Friedl war seit 1997 Universitätsprofessor und Leiter der Abteilung Unfallchirurgie der Universitätsklinik Freiburg. Im Jahr 2000 leitete sein Dienstherr, das Land Baden-Württemberg, gegen ihn das förmliche Disziplinarverfahren ein und setzte es wegen eines gleichfalls eingeleiteten Strafverfahrens aus. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Freiburg vom 18.02.2003 wurde Prof. Dr. Friedl wegen vorsätzlicher Körperverletzung und wegen fahrlässiger Körperverletzung in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 270 Tagessätzen verurteilt. Nach Fortsetzung des Disziplinarverfahrens schlossen Prof. Dr. Friedl, sein Dienstherr und das Universitätsklinikum Anfang 2009 einen Vergleich u.a. dahingehend, dass er seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis mit sofortiger Wirkung beantragen und das Universitätsklinikum ihm einen Betrag in Höhe von 1,98 Mio. € für entgangene und zukünftig entgehende Einkünfte aus Privatliquidation zahlen sollte. Nachdem er auf seinen Antrag aus dem Beamtenverhältnis entlassen worden war, erklärten das Universitätsklinikum und der Dienstherr die Anfechtung des Vergleichs. Unter Berufung auf diese Anfechtung verweigert das Universitätsklinikum die Zahlung.
(Ein Termin zur mündlichen Verhandlung ist noch nicht absehbar.)
Streit innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft der Stadt Villingen-Schwenningen und sechs Umlandgemeinden
(1 K 485/12)
Klage von sechs Umlandgemeinden, ihrer Bürgermeister und eines Gemeinderats gegen die Stadt Villingen-Schwenningen und deren Oberbürgermeister: Die Kläger rügen die Verletzung des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden sowie die Verletzung organschaftlicher Rechte der Bürgermeister und des Gemeinderats.
Sperrzeitverkürzung für Spielhalle im Bahnhof Kehl
(2 K 26/11)
Mit der Klage will der Betreiber von drei Spielhallen im Bahnhof Kehl erreichen, dass die übliche Sperrzeit von 24.00 Uhr bis 06.00 Uhr aufgehoben wird , die Spielhallen also rund um die Uhr geöffnet werden dürfen.
Kosten eines Feuerwehreinsatzes bei Brandstiftung
(2 K 660/11)
Das Verfahren betrifft die bisher gerichtlich nicht geklärte Frage, ob ein Hauseigentümer zu den Kosten eines Feuerwehreinsatzes herangezogen werden kann, wenn ein Gebäude durch Brandstiftung eines nicht ermittelten Dritten in Brand gesetzt wird.
Kostenbescheid für Unterbringung und Versorgung von Hunden
(2 K 972/10)
Die Klägerin ist eine Tierschutzorganisation, die u. a. sog. „Tierrettungsfahrten“ von Südeuropa (hier Portugal und Spanien) nach Deutschland durchführt und Hunde in verschiedene deutsche Tierheime und zu Tierschutzvereinen (zur Weitervermittlung) bringt. Bei einem solchen Transport im September 2009 wurde ein Kleinlaster, in dem sich 43 Hunde in Boxen befanden, wegen Überladung von der Autobahnpolizei angehalten. Die hinzu gerufene Amtstierärztin ordnete verschiedene veterinärrechtliche Maßnahmen an. Hiergegen und gegen einen späteren Kostenbescheid des Landratsamts Ortenaukreis, in dem die Kosten für die vorübergehende Unterbringung und Versorgung der Tiere im Tierheim i. H. v. 457,-- € festgesetzt wurden, wendet sich die Klägerin.
(Termin zur mündlichen Verhandlung voraussichtlich im Mai 2012)
Erweiterung des Steinbruchs in Bollschweil
(3 K 1867/10)
Klage des BUND aus Gründen des Natur- und Artenschutzes gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Firma Knauf Marmorit zur Erweiterung des Kalksteinbruchs in Bollschweil
(Termin zur mündlichen Verhandlung bis Ende 2012)
Streit um die Münsterwurst
(4 K 386/12)
Klage eines Metzgers, der sich um einen Verkaufsstand für die Münsterwurst („Lange Rote“) beworben hatte, aber nicht zum Zuge gekommen ist. Der Kläger begründet seine Klage damit, dass der für die Vergabe der Wurststände entwickelte Kriterienkatalog rechtswidrig sei.
(Verhandlung frühestens gegen Jahresende)
Waldhaus an der Freiburger Wonnhalde
(4 K 253/12)
Nachbarklage gegen die vor mehreren Jahren erteilte Baugenehmigung für das Waldhaus an der Wonnhalde in Freiburg. Der Kläger wendet sich aus Lärmschutzgründen gegen im Waldhaus durchgeführte Sonderveranstaltungen.
(Verhandlung frühestens gegen Jahresende)
Beschlagnahme von Trommeln
(4 K 2153/11, 4 K 1417/11)
Klagen gegen Stadt Freiburg und Land Bad.-Württ. wegen verschiedener polizeilicher Maßnahmen beim Treffen des Deutsch-Französischen Ministerrats am 10.12.2010 in Freiburg (Beschlagnahme von Musikinstrumenten, Einkesselung, Feststellung der Personalien, Videoaufzeichnungen)
(Verhandlungstermin: 16. Mai 2012, 9.30 Uhr)
Ausweisung eines Palästinensers
(5 K 1624/10)
Der Kläger lebt seit 18 Jahren im Bundesgebiet und war hier mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet, mit der er zwei Kinder hat. Er besitzt eine Niederlassungserlaubnis. Im Jahr 2006 hat ihn das Regierungspräsidium Freiburg auf der Grundlage von nach dem Terroranschlag auf das world-trade-center neu geschaffener Ausweisungsgründe ausgewiesen, ihn verpflichtet, sich bis zu seiner Ausreise wöchentlich bei der Polizei zu melden, sowie seinen Aufenthalt auf den Regierungsbezirk Freiburg beschränkt. Dagegen richtet sich die Klage.
Das Regierungspräsidium ist der Auffassung, dass der Kläger in einer für den islamischen Extremismus (Mudjahedin) typischen Weise in Erscheinung getreten sei. Es folgert dies aus u.a. aus den Umständen, die zu einer Reihe von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gegen den Kläger geführt haben, allerdings letztlich ergebnislos blieben. Auch habe er in einem sogenannten Sicherheitsgespräch falsche Angaben gemacht.
(Termin zur mündlichen Verhandlung voraussichtlich im zweiten Quartal 2012)
Nachbarklage gegen „Park der Sinne“ in Badenweiler
(5 K 529/11)
Die Kläger wenden sich gegen den „Park der Sinne“ zum „Anfassen, Erleben und Staunen“ mit 22 Stationen im Kurpark von Badenweiler. Sie sind der Auffassung, dass dieser im Widerspruch zum geltenden Bebauungsplan stehe, der im Wesentlichen nur eine gärtnerische Gestaltung des Kurparks zulasse; die Anlage sei ihnen gegenüber rücksichtslos. Insbesondere verlangen sie die Beseitigung der Station „Schauspiel“, bestehend aus einem Sehrahmen und einer Tribüne, weil ihre Aussicht in die Rheinebene unzumutbar beeinträchtigt werde.
Einen Antrag der Kläger auf vorläufigen Rechtsschutz (mit dem Ziel, der Gemeinde aufzugeben, den Sehrahmen nicht zu errichten), hatte das Verwaltungsgericht mit rechtskräftigem Beschluss vom 06.05.2011 abgelehnt (5 K 530/11). Die Kläger halten aber an ihrer Klage fest.
(Termin zur mündlichen Verhandlung voraussichtlich im dritten Quartal 2012)
Dienstunfall bei Schneeballschlacht?
(5 K 1220/11)
Der Kläger ist Lehrer und begehrt Dienstunfallfürsorge. Er hat sich unmittelbar nach dem Unterricht auf dem Schulhof an einer Schneeballschlacht beteiligt und wurde dabei am Auge verletzt. Das beklagte Land lehnt Unfallfürsorge u.a. mit dem Argument ab, dass nach der Schulordnung das Werfen mit Schneebällen auf dem Schulgelände untersagt sei.
Höhere Prämie für Verbesserungsvorschlag?
(5 K 2265/11)
Der Kläger ist Beamter und bei der DB Netz AG beschäftigt. Er hat einen technischen Verbesserungsvorschlag eingereicht, der nach seinen Angaben zu Einsparungen in Höhe von mehr als 1,5 Mio. € führt. Der Ausschuss Ideenmanagement bei der DB Mobility Logistics AG hat ihm für den Verbesserungsvorschlag eine Prämie von 1.250,- € bewilligt. Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm eine Prämie in Höhe von 123.750,- € zustehe. Das beklagte Bundeseisenbahnvermögen erhebt formale Einwände und macht im Übrigen geltend, dass die für das Verbesserungsvorschlagwesen geltenden Regeln keine einklagbaren Ansprüche begründeten.