Pressemitteilung vom 24. März 2025
Anfechtung der Kommunalwahl der Stadt Freiburg im Jahr 2024: Urteilsgründe liegen vor
Die Stadt Freiburg muss die im Juni 2024 durchgeführte Kommunalwahl nicht wiederholen. Das Verwaltungsgericht Freiburg entschied mit Urteil vom 11.02.2025 (10 K 4030/24), dass der Einspruch eines Bewerbers gegen das Ergebnis der Wahl zu Recht zurückgewiesen wurde.
Vor der Wahl des Gemeinderats der Stadt Freiburg am 09.06.2024 wurde den Wahlberechtigten zur Stimmabgabe ein Block mit 20 Stimmzetteln (ein Stimmzettel je Wahlliste) übersandt. Im Rahmen der Stimmabgabe war ein Abtrennen der mittels Perforation verbundenen Stimmzettel zulässig, etwa um nur einen Stimmzettel abzugeben. Ebenso zulässig war es, den Stimmzettelblock insgesamt abzugeben mit der Folge, dass durch die Wahlhelfer bei der Auszählung festgestellt werden musste, auf welchen Stimmzetteln Veränderungen vorgenommen wurden bzw. auf welchen Stimmzetteln Stimmabgaben erfolgt waren. Die von der Stadt Freiburg bei der Auszählung eingesetzten Wahlhelfer gingen so vor, dass sie im Falle der Abgabe vollständiger Stimmzettelblöcke unveränderte Stimmzettel heraustrennten und entsorgten. Dementsprechend wurden nur veränderte Stimmzettel aufbewahrt. Dieses Vorgehen hatte sie gewählt, um den Prozess der Auszählung der Stimmzettel übersichtlicher zu gestalten. Insbesondere wollte sie vermeiden, dass die Wahlhelfer bei der Eingabe der Stimmen in die Wahlergebnissoftware sämtliche Stimmzettel des Stimmzettelblocks einzeln durchblättert müssen und dabei Gefahr laufen, einzelne Stimmen zu übersehen.
Der Kläger kandidierte für die Wahl am 09.06.2024 im Rahmen der Liste „Meinrad Spitz (SPITZ)“. Er ist der Auffassung, dass bei der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses wesentliche Vorschriften unbeachtet geblieben seien. Neben der Ausgestaltung des Stimmzettels beanstandet er insbesondere das von der Stadt praktizierte Verfahren der Stimmauszählung. Dabei stützt er sich auf eigene Wahrnehmungen sowie die weiterer vier Wahlbeobachter während der Auszählung im Rathaus im Stühlinger am 10.06.2024 und 11.06.2024. Mit seiner Klage, mit der er seinen vom Regierungspräsidium Freiburg zurückgewiesenen Einspruch gegen die Wahl weiterverfolgte, wollte er erreichen, dass die Wahl für ungültig erklärt wird.
Diese Klage hat das Gericht nun abgewiesen. Erfolg hatte die Klage lediglich, soweit der Kläger die Erstattung von im Rahmen des Einspruchsverfahrens entstandenen Aufwendungen begehrte. Zur Begründung führte das Gericht im Wesentlichen aus:
Das Heraustrennen und Entsorgen von unveränderten Stimmzetteln aus im Ganzen abgegebenen Stimmzettelblöcken verstoße gegen wesentliche Vorschriften der Kommunalwahlordnung (KomWO), insbesondere gegen § 37 Abs. 2 Satz 2 KomWO. Diese Regelung schreibe vor, dass mehrere in einem Stimmzettelumschlag enthaltene Stimmzettel miteinander zu verbinden seien. Dazu zählten auch unveränderte (Einzel-)Stimmzettel. Dies diene der Nachprüfbarkeit des Wahlergebnisses und sei daher im Hinblick auf Sinn und Zweck der Vorschrift geboten. Nur wenn sämtliche im Stimmzettelumschlag enthaltenen – und in der Folge aufzubewahrenden – Stimmzettel (noch) vorlägen, könne verlässlich überprüft werden, ob der Stimmzettel etwa mehr gültige Stimmen enthalte, als der Wähler habe, oder etwa einen unzulässigen Zusatz oder Vorbehalt enthalte. Dabei stelle das Gericht nicht infrage, dass sich die Stadt aus nachvollziehbaren Gründen für das Heraustrennen und Entsorgen der unveränderten Stimmzettel entschieden habe; sie seien jedoch nicht geeignet, die aufgeführten Gesichtspunkte der Sicherheit und Nachprüfbarkeit der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses zu überwinden.
Der Einspruch des Klägers bleibe aber ohne Erfolg, weil es an der weiteren Voraussetzung eines möglichen ursächlichen Zusammenhangs zwischen Wahlfehler und Wahlergebnis fehle. Eine konkrete und nach der Lebenserfahrung nicht ganz fernliegende Möglichkeit der Beeinflussung des Wahlergebnisses lasse sich nicht feststellen. Die sich aus dem Heraustrennen und Entsorgen von unveränderten Stimmzetteln ergebenden Wahlfehler beeinträchtigten allein die Überprüfbarkeit des Wahlergebnisses. Dass es bei der Auszählung tatsächlich zu Fehlern oder Manipulationen gekommen sei, behaupte der Kläger nicht. Er trage vielmehr selbst vor, einen solchen Fall nicht beobachtet zu haben, obwohl er nach seinen eigenen Angaben mehr als zehn Stunden die Auszählung intensiv beobachtet habe und noch weitere vier Wahlbeobachter bei der Auszählung anwesend gewesen seien. Sein Vortrag, das Wahlergebnis könnte falsch ermittelt worden sein, erschöpfe sich damit im bloßen Hegen eines Verdachts. Dies gelte nicht zuletzt mit Blick darauf, dass die Stadt Freiburg den Wahlgrundsätzen und insbesondere dem Grundsatz der Öffentlichkeit durch zahlreiche organisatorische Maßnahmen umfassend Rechnung getragen habe. Die Gefahr unentdeckter Wahlmanipulationen sei hierdurch erheblich gemindert gewesen.
Soweit der Kläger weitere Wahlfehler geltend gemacht habe, sei sein Einspruch ebenfalls nicht erfolgreich. Seine Rüge hinsichtlich des angeblichen Fehlens einer gegenseitigen Kontrolle der Wahlhelfer erschöpfe sich in der Behauptung eines Verstoßes. Ein solcher Verstoß sei von ihm nicht konkret dargelegt worden.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können nach Zustellung des schriftlichen Urteils – die vom Gericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene – Berufung einlegen.