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Weiteres Urteil im „Hans Bunte-Fall“: Vierjähriges Einreise- und Aufenthaltsverbot für einen der Täter gerichtlich gebilligt
Datum: 23.01.2025
Kurzbeschreibung: PM 23.01.2025
Weiteres Urteil im „Hans Bunte-Fall“: Vierjähriges Einreise- und Aufenthaltsverbot für einen der Täter gerichtlich gebilligt
Mit Urteil vom 14.01.2025 (Az. 8 K 835/24) hat das Verwaltungsgericht Freiburg ein ausschließlich auf generalpräventive Erwägungen gestütztes vierjähriges Einreise- und Aufenthaltsverbot gebilligt, das die Ausländerbehörde im Februar 2024 gegen einen irakischen Staatsangehörigen verhängt hat. Dieser war als einer von mehreren Tätern im sogenannten „Hans Bunte-Fall“ rechtskräftig wegen Vergewaltigung verurteilt worden. Er ist seit April 2024 Vater einer deutschen Tochter.
Der betroffene Iraker (fortan: Kläger) kam Ende 2015 nach Deutschland, stellte einen Asylantrag und wurde als subsidiär Schutzberechtigter anerkannt. Er erhielt eine Aufenthaltserlaubnis. Im Juli 2020 wurde er wegen seiner Beteiligung an der bundesweit bekanntgewordenen Gruppenvergewaltigung einer jungen Frau auf dem „Hans Bunte Areal“ in Freiburg zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Im Juli 2021 wurde deswegen sein asylrechtlicher Schutzstatus widerrufen, wogegen er erfolglos klagte. Außerdem wies das Regierungspräsidium Freiburg (fortan: Regierungspräsidium) den Kläger im Jahr 2022 aus der Bundesrepublik Deutschland aus, verhängte ein neunjähriges Einreise- und Aufenthaltsverbot und drohte ihm die Abschiebung in den Irak an. Seine dagegen gerichtete Klage blieb weitgehend ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hob mit Urteil vom 18.01.2023 (Az. 7 K 512/22), rechtskräftig seit Juni 2023, lediglich das neunjährige Einreise- und Aufenthaltsverbot auf, weil das Regierungspräsidium ermessensfehlerhaft eine zu lange Frist bestimmt habe. Denn es sei fraglich, ob vom Kläger noch eine konkrete Wiederholungsgefahr ausgehe. Bei fehlender Wiederholungsgefahr dürfe die Dauer eines Einreise- und Aufenthaltsverbots, das allein aus generalpräventiven Gründen (d.h. zur Abschreckung anderer Ausländer von der Begehung vergleichbarer Straftaten) verhängt werde, höchstens fünf Jahre betragen.
Mit Bescheid vom 01.02.2024 erließ das Regierungspräsidium daraufhin ein vierjähriges Einreise- und Aufenthaltsverbot. Dies
sei geboten, um andere Ausländer von der Begehung ähnlicher Straftaten abzuhalten. Die Straftat des Klägers habe bundesweite
Aufmerksamkeit erlangt, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung ganz erheblich und nachhaltig beeinträchtigt, der
Geschädigten erheblichen Schaden zugefügt und die Tat sei geeignet, die Akzeptanz von Schutzsuchenden nachhaltig zu
schädigen. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht nunmehr abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots stehe im Ermessen der Behörde und sei nur auf Ermessensfehler hin zu überprüfen. Hierbei sei im ersten Schritt die Annahme des Regierungspräsidiums nicht zu beanstanden, die vom Kläger begangene Straftat gebiete zur Erreichung der generalpräventiven Wirkung die Ausschöpfung der Frist von fünf Jahren. Der Generalprävention komme bei Taten der Vergewaltigung grundsätzlich ein erhebliches Gewicht zu. Dies gelte in besonderem Maße für die vom Kläger begangene Straftat, die in Art und Schwere besonders verwerflich sei. Wiederum frei von Ermessensfehlern habe das Regierungspräsidium sodann in einem zweiten Schritt eine Verkürzung der Frist um ein Jahr vorgenommen, indem es die einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Klägers sowie seiner Lebensgefährtin und Tochter in den Blick genommen habe. Andererseits habe es erkannt, dass Kindeswohl und Elternrecht (aus Art. 6 Abs. 1 GG) und das Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens (aus Art. 8 EMRK) nicht zwangsläufig zu einem Vorrang vor dem öffentlichen Interesse führten, verhaltenslenkend auf andere Ausländer einzuwirken, indem ihnen empfindliche aufenthaltsrechtliche Nachteile für den Fall eines strafrechtlichen Fehlverhaltens ähnlicher Art und Schwere aufgezeigt würden. Dies gelte hier insbesondere vor dem Hintergrund, dass in dem Wissen um die Bestandskraft der Ausweisung die Beziehung des Klägers zu seiner aktuellen deutschen Lebensgefährtin aufgenommen und das Kind gezeugt worden sei.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Kläger kann innerhalb von einem Monat nach Zustellung des Urteils Antrag auf
Zulassung der Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim stellen.